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Time Circles. Orchestral & Chamber Music

J.B. Robin: Time Circles, Orchestral & Chamber Music
Jean-Baptiste Robin

Time Circles. Orchestral & Chamber Music

Sarah Nemtanu (Violine), François Salque (Violoncello), Victor Julien-Laferrière (Violoncello), Delphine Haidan (Mezzosopran), Romain Descharmes (Klavier), Orchestre National de France, Ltg. Jean Deroyer, Marin Alsop, Orchestre des Pays Savoie, Ltg. Nicolas Chalvin.

Es gibt eine Vielzahl zeitgenössischer Komponist:innen, die die Welt der zwölf Halbtöne, der Tonalität und der erweiterten konventionellen Orchesterbesetzung nicht verlassen – kein Bruitismus, keine mikrotonalen Verästelungen, kein intermediales Crossover. Wie etwa der Franzose Jean-Baptiste Robin. Von Haus aus Organist, bespielt er die gesamte Palette von Werken für Soloinstrumente über Kammermusik bis hin zu opulenten sinfonischen Brocken. Knapp 50 Werke werden auf seiner Homepage gelistet.
Die jetzt erschienene Porträt-CD gewährt einen aufschlussreichen Einblick in das Schaffen des 1976 geborenen Komponisten. Sie enthält zwei Orchesterwerke, Werke für Soloinstrumente, für Kammerensemble und für Gesang. Die Außenwelt in Musik zu verwandeln fällt Robin offenbar ziemlich leicht. Die Inspiration für Crop Circles zum Beispiel, dem ersten Stück auf der CD, gaben ihm Kornkreise, jene rätselhaften, tatsächlich aber wohl eher durch nächtliche Traktorfahrten entstandenen Ährendekorationen. Sie werden durch eine sich hochschraubende, iterative Streicherfigur repräsentiert. Ein zweites Motiv in den Holzbläsern symbolisiert den Menschen, der, wie es im Booklet heißt, diese „halb natürliche, halb künstliche Welt“ der Kornkreise betritt. Gottlob ist die Musik nicht ganz so schlicht, wie es die Beschreibung vermuten lässt. Robin schreibt plastisch, mit Gespür für Dramatik und Spannung und weiß ein Orchester glänzend in Szene zu setzen. Es ist Musik, die sich nicht mit sich selbst beschäftigt, sondern ihr Publikum sucht.
Robin steht auf den Schultern der französischen Tradition. Esprit, Humor und Vitalität der „Groupe des Six“ etwa wären da zu nennen, die nuancierte Farbpalette eines Paul Dukas oder Henri Dutilleux, oder der rhythmische Drive eines Arthur Honegger. Dass man so manchen Effekt schon mehrfach gehört hat, verzeiht man gerne. Wie etwa in La lame des heures für großes Orchester. Es beginnt überfallartig mit einer turbulenten, rhythmisch akzentuierten Tutti-Passage, auf die als Maximal-Kontrast ein lang gehaltener, tiefer Ton der Kontrabässe folgt. Dazu leises Klicken, kleine Trommelwirbel: Ruhe vor dem nächsten Sturm. Derartige bildstarke Kontraste finden sich häufig in der Partitur, die Musik ist im besten Sinne unterhaltsam.
Für Streichorchester und zwei Oboen schrieb Robin Zenith. Rhythmisches Pizzicato versus choralhafte Streicherpartien sind hier eines der Mittel, um das Thema „Verfließen der Zeit“ einzufangen. Trois nuits für zwei Celli sind atmosphärisch dichte, stimmige Duette, auch die drei Poèmes de l’aube et de la nuit für Mezzo-Sopran und Klavier kreisen um das Thema der Nacht, der Dämmerung, des Morgengrauens. Und man lernt: Jean-Baptiste Robin kann auch dichten, er schrieb nämlich die Texte selbst. Die jeweiligen Einspielungen darf man als mustergültig bezeichnen.

Mathias Nofze

Original: https://dasorchester.de/artikel/time-circles-orchestral-chamber-music/